
Route: Scheiterboden (9.50) – Alplgraben – Hinteralm (11.50) – Spielkogel (13.00-13.55) – Kerpenstein (15.00) – Hochalpl (15.35-15.45) – Scheiterboden (17.45)
Höhenmeter | Kilometer | Reine Gehzeit: 970hm | 16,5km | ca. 6,5 Stunden
Die Idee zur Tour kam von Wolfgang. Bei vorhergesagten 15 Grad auf 1500m sollten wir auf unsere Kosten kommen. Im Wiener Becken dominierte ganztägig Nebel, mit Obergrenzen um 600-700m. Für uns beide war der Anstieg Neuland. Am Spielkogel stand ich erstmals Ende Juni 2020 im Zuge einer geführten Wanderung. Kerpenstein und Hochalpl waren ebenfalls neu. Die Stirnlampe leistete dann solide Dienste im Abstieg.
Track

Der Parkplatz ist zwar in der Open Street Map eingezeichnet, aber ohne Parken-Schild ausgewiesen, sodass wir beim ersten Mal daran vorbeifuhren. Von dort ein kurzes Stück entlang der Bundesstraße über eine Brücke und dann beim Haus der Bundesforste am Ausgang des Höllgrabens rechts. Der (unmarkierte) Höllgraben selbst ist die Hälfte des Jahres für die Jäger gesperrt (November bis Juni).
Der Hund beim Jagdhaus wollte uns verbellen, aber der Besitzer befahl ihm, damit aufzuhören. Also setzte er sich ein paar Meter entfernt an den Zaun und überwachte pflichtbewusst das Grundstück.

Nach einer kurzen Aufwärmphase bei Temperaturen knapp über Null, wo der Forstweg leicht ansteigend zur Bundesstraße verläuft, begann der markierte Steig, der die Forstwegverkehren mehrfach abkürzt. Die unteren Abschnitte lagen durchwegs im Schatten und waren etwas gatschig, im mittleren Teil verläuft der Steig teilweise im dichten Lärchen/Fichtenwald und war recht angenehm zu gehen. Mehrmals werden wasserführende Rinnen gequert. Im Aufstieg wurde es rasch wärmer und wir konnten auf das kurze Leiberl wechseln.

Ab der Felswand führt ein (ehemaliger) Forstweg im oberen Alplgraben mäßig ansteigend zur Hinteralm hinauf. Bis zum Forstweg gab es kaum Aussicht.


Nach exakt zwei Stunden Gehzeit erreichten wir die Hinteralm und das Panorama Richtung Westen und Süden weitete sich.

Bei der Hinteralm schauten wir uns zunächst den Neubau an, der die frühere Wiener Lehrer Hütte ersetzt (ÖAV), die seit 2010 nurmehr im Selbstversorgungsbetrieb fungierte und heuer im Juni abgebrochen wurde. Unweit davon brannte am 13. April 2025 zwei Nachbarhütten nieder.
[Spendenmöglichkeit beim Alpenverein für den 2,7 Mio. teuren Neubau].


Von der Hinteralm kommend gingen wir entlang der Felskante der Klobenwände nordostwärts Richtung Spielkogel.





Vor über zehn Jahren rettete mich diese Alm, nachdem mir bei der Überschreitung der Donnerwand im Hochsommer das Wasser ausgegangen war. Dort stürzte ich einen Liter Frucade herunter und war im Anschluss wiederhergestellt. Dieses Mal war es zwar auch recht warm, aber nicht schwül, sondern sehr trocken bei leichtem Südwind und dadurch gut auszuhalten.
Nach etwas mehr als drei Stunden Gehzeit standen wir am Spielkogel (1599m) bei angenehmer Wärme und nahezu perfekter Sicht. Lediglich Richtung Südwesten machte sich der zunehmende Saharastaub mit Dunst bemerkbar, denn die rekordwarme Luft kam direkt aus Nordafrika.

Nach Westen und Nordwesten hin ergaben sich eine Reihe von netten Durchguckern und Drüberschauern:
Sengsengebirge:

Totes Gebirge

Gesäusegipfel:

Haller Mauern:


Im Wiener Becken hielt sich der Hochnebel ganztägig.

Kurze Unterbrechung der Fernsichtorgie durch eine Schmetterlingsraupe, die noch knapp fünf Tage Zeit hatte, bevor der nächste Kaltlufteinbruch kommen sollte. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Bärenspinner, möglicherweise Breitflügeliger Fleckleibbär (Spilosoma lubricipedum), auch Weiße Tigermotte genannt. Um diese Jahreszeit eigentlich nicht mehr aktiv.

Besonders ausgeprägt war die Fernsicht Richtung Bayerwald und Böhmerwald:



Im Südwesten war der graue Dunstschleier durch den Saharastaub gut erkennbar:


Nach einer Stunde genussvollen Schauens stiegen wir wieder ab.



Beim Anstieg zum bewaldeten Kerpenstein





Hintergrund: Erste Alpenvereinssektionen führten 1921 den Arierparagrafen ein und zwangen jüdische Mitglieder zum Austritt. Die Wiener Juden gründeten 1921 die Sektion Donauland des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. 1922 wurde die damalige Schliefsteinerhütte als Skihütte mit rund 20 Schlafplätzen gepachtet. Die Sektion Donauland wurde 1924 aus Antisemitismus aus dem Alpenverein ausgeschlossen und gründete sich 1925 als eigenständiger Alpenverein Donauland. 1938 wurde der Alpenverein Donauland von den Nazis enteignet, der Verein aufgelöst. 1945 gründete sich Donauland mit den wenigen überlebenden Mitgliedern neu. 1968 musste sie die Hütte an die ÖAV-Sektion Wiener Lehrer aus finanziellen Gründen verkauft werden. 1976 löste sich Donauland auf und 1994 wurde die Hütte an Privatpersonen verkauft. Die Donaulandhütte ist seit dem 10. September 2023 wieder im Besitz des Alpenvereins (Quelle und Bilder von der Neueröffnung).

Zur Kür des Tages bestiegen wir noch das Hochalpl.


Die Schneealm, insbesondere das Naßköhr (seit 1971 Naturschutzgebiet), ist für seine zahlreichen bedeutsamen Hoch- und Niedermoore bekannt (siehe auch Drescher-Schneider und Draxler 2001). Seit 2004 zählt es zu den 25 Ramsargebieten in Österreich.

Der direkte weglose Gipfelanstieg zum Hochalpl (früher: Hochaibel) ist seit dem September 2024 nicht mehr möglich. Zahlreiche Bäume wurden dabei vollständig aus der Erde gehoben. Wir querten daher den steilen Wiesenhang und stiegen von Süden auf den bewaldeten Gipfel. Bei einem älteren Hochstand hatte man einen Durchgucker zum Hochschwab und zu einem Gesäusegipfel.

Der folgende Abstieg entlang der Weide zurück zur Jagdhütte war dann besonders schön im Abendlicht.




Die Blühwände hießen in früheren Karten und Publikationen Brühlwände. Das erscheint plausibler als das heutige Blühwände/Blühboden. Brühl kommt von althochdeutsch bruowil = feuchtes Grasland, nasse Wiese. Es hat also nichts mit blühenden Wiesen oder Felswänden zu tun.



Als wir bei der Jagdhütte in den Oberen Alplgraben abstiegen – nur wenige Meter bergab zum Weg – wurde es bereits merklich kälter. Dazu wehte ein schwacher Rückenwind (katabatischer Wind). Der Weg bleibt dann aber oberhalb des Grabens, wo die milde Höhenluft sich halten konnte.

In älteren Karten Schusterwände genannt.

Zwar herrschte beim Einstieg in den Forstwegkehre abkürzenden Steig noch ein schwaches Dämmerlicht, aber im dichten Fichtenwald drang kaum noch Tageslicht durch. Nach langer Zeit also wieder einmal ein Abstieg mit Stirnlampe. Fast auf den Tag genau vor 14 Jahren sind Wolfgang und ich vom Kuhschneeberg ebenfalls länger in der Finsternis abgestiegen.


Um 17.45 erreichten wir den Parkplatz bei völliger Dunkelheit. Insbesondere die letzte Viertelstunde war es schon zapfig kalt (laut Autothermometer +1 Grad). Wegen dem feuchten, teils schmierigen Boden gingen wir die letzten beiden Forstwegkehren aus.
Den Tag perfekt genutzt, würde ich sagen.