
Meine Wanderwoche in Windischgarsten stand unter keinem guten Stern. Das Spätsommerwetter war eine Woche davor zu Ende gegangen und das Höhentief setzte sich über den Alpen fest. Bis zuletzt stand es auf der Kippe, ob sich nicht doch die wärmeren Modell-Lösungen mit föhnigem Südostwind durchsetzen würden. Dann war leider klar, dass die kälteste und feuchteste Variante kommen würde. Ich dachte offen gesagt über Stornierung nach, weil ich sämtliche Bergziele über den Haufen werfen musste, aber zog es dann doch mangels Alternativen durch. Zumal ich an zwei Tagen Begleitung haben würde. Letztendlich hab ich es nicht bereut, auch wenn es mental herausfordernd war, trotz Sauwetter weiterzugehen.
Am Samstag, Anreisetag, konterkarikierte das Wetter meine Pläne mit föhnigem Südwind und milden 19°C bei einigen Sonnenstunden. Ich musste bis 14 Uhr auf den Check-in warten und spazierte daher durch den Ort und danach noch auf den Wurbauerkogel – so wie im Vorjahr im Frühsommer, wo es ebenfalls meine erste „Tour“ am Anreisetag war. Beim Besuch des Panoramaturms konnte ich gleich das erste Mal meine Pyhrn-Priel-AktivCard nutzen.
Statistik: 4.4km und 260hm – das qualifiziert bei meiner Definition nur für einen Spaziergang, aber die Bilder möchte ich trotzdem nicht vorenthalten.
Das Gasthaus „Schwarzes Rössl“ nahe dem Zentrum besteht bereits seit dem 15. Jahrhundert. Ich konnte zumindest einmal beim Frühstück einen Blick in das beeindruckende Kellergewölbe – ein großer schwarzer Schlund – werfen. Die Bushaltestelle bei der Kirche ist keine drei Minuten entfernt und liefert Verbindungen Richtung Steyrling, Hinterstoder, Wurzeralm und Hengstpass (Rufbus). Das Gasthaus selbst liegt etwa 700m vom Bahnhof entfernt, also in Gehdistanz auch bei öffentlicher Anreise wie von mir.

Anfangs war die Spitzmauer noch in einer kompakten Stratocumulus-Schicht eingehüllt.



Dieses Mal nutzte ich auch die Gelegenheit, in die spätgotische Kirche zu schauen, die um 1462 errichtet wurde. Die erste Kirche wurde im 12. Jahrhundert unweit vom Pfarrhof errichtet, verfiel aber in der Barockzeit.

In der Barockzeit wurden mächtige Durchgänge und Emporen eingezogen, wodurch die gotischen Maßwerkfenster nicht mehr bündig wirken.


Nach dem Check-in stieg ich über den Naturfreundesteig zur Gmeiner Aussicht auf (Titelfoto) und weiter zum Wurbauerkogel. Vom Vorjahr wusste ich noch, dass sich der vergläserte Aussichtsturm kräftig aufheizte durch den Treibhauseffekt. Das war dieses Mal nicht anders und daher nahm ich gleich den Lift und sparte mir das Schwitzen über die Stiegen.
Oben bot sich ein prächtiger Rundblick auf die (abgespeckten) Ziele der kommenden Tage:
Links hinten Kleiner Priel (2136m), davor Schmeißerkogel (1324m) und Tamberg (1516m), abgesetzt Gschwendnerberg (1063m). Zentral hinten Kasberg (1747m) und Jausenkogel (1514m), rechts hinten Rieserschneid (1390m) und Hochedl (1424m), knapp schaut noch die Falkenmauer (1569m) durch und ganz rechts Spering (1605m). Im Vordergrund links Gunst (787m) und rechts Radingstein (901m).

Am Folgetag überschritt ich Gunst und Radingstein und wanderte über das Veichltal zurück. Detail am Rande: Die ausgeprägten Erhebungen im Windischgarstner Becken gehören nicht mehr zu den Kalkalpen, sondern zur Flyschzone. Es handelt sich um Erosionsreste und Schuttfächer aus der Eiszeit.
Im Westen waren die höchsten Erhebungen des Toten Gebirges mittlerweile frei:
Links Kleiner Hochkasten (2352m) und Großer Hochkasten (2389m), davor der markant spitze Ostrawitz (1823m). Zentral Spitzmauer, darunter Öttlberg (1342m) und rechts Großer Priel.

Im Südosten links Imitzberg (1303m), dann Langstein (1998m), Scheiblingstein (2197m), Kleiner Pyhrgas (2023m) und Großer Pyhrgas (2244m), rechts Bosruck (1992m).

Blick nach Osten: Zeitschenberg (1433m) und der rundliche Pitschstein (1088m), Tannschwärze (1533m), Schwarzkogel (1554m), rechts gspitzt das Kleine Warscheneck (1090m). Das zeigt auch, dass Warscheneck kein Eigenname ist, sondern von wasch = scharf kommt – das kleine scharfe Eck gewissermaßen.



Im Westen fiel mir der ausgeprägte Dunst in Höhe des Klauser Stausees auf. Vom Alpenvorland her strömte am Nachmittag deutlich feuchtere Luft ein. Taupunkt um 16.30 Uhr MESZ: 13°C in Micheldorf und 6°C in Windischgarsten. Luftlinie: ca. 20km! In relativer Luftfeuchte ausgedrückt ein Gefälle von 77% auf 45%. Das Luftdruckgefälle betrug ordentliche 3hPa (Taleinwind) – der Südostföhn hatte ein lokales Leetief im Windischgarstner Becken erzeugt und die feuchtere Luft strömte daher alpenwärts.

Im Abstieg genoss ich die letzten Sonnenstrahlen – beinahe für die restliche Woche, jedenfalls aber der mit Abstand wärmste Tag der Woche.

Am Hauptplatz war gerade einiges los, da der Folgetag, der 28. September, „Mostbauernsonntag“ war – ein wenig Yellowstone-Feeling mit Lämmern und Ziegen am Platz, Handwerkskunst und Volksmusik. Entsprechend war auch im Gasthaus mehr los als sonst. Die erste Tour hatte ich mir schon zurecht gelegt. Dazu dann im nächsten Beitrag.