Von Beruf bin ich Meteorologe und so plane ich auch meine Wandertouren. Ich verwende grundsätzlich niemals Wetter-Apps und empfehle auch keine.
1. First guess
Für die grobe Vorausplanung mehrere Tage im Voraus schau ich mir meist das GFS-Globalmodell in der Wetterzentrale an – vor allem die Parameter Niederschlag, 850hPa-Temperatur und Wind, manchmal auch das EZWMF oder ICON. Dort kann ich auf den ersten Blick schon erkennen, ob Hoch- oder Tiefdruckeinfluss herrscht, wie warm es ungefähr wird und mit welchem Wind zu rechnen ist.
2. Konkrete Planung
Für den 48-Stunden-Zeitraum wechsel ich dann zum hochaufgelösten Lokalmodell ICON D2. EZWMF sehe ich detaillierter bei kachelmannwetter.com an – da gibt es mehr Parameter und man kann leichter zwischen den Modellen wechseln.
Zusätzlich kann ich bei Kachelmann Vertikalprofil-Prognosen für jeden beliebigen Punkt erstellen – damit seh ich das Gewitterpotential, wie stabil eine Schichtung ist, wie hoch das Nebel/Hochnebel-Risiko, wie tiefbasig die Bewölkung ist (Gipfel in Wolken!), etc.
Mithilfe dieser Karten kann ich mir eine sehr genaue Vorstellung davon machen, wie hoch das Niederschlagsrisiko am Tourentag im Tourengebiet sein wird, ob es Schauer, Gewitter oder Flächenregen ist, wie bewölkt es dabei ist, wie windig und wie warm oben und unten. Ob Föhn herrscht oder ob es sehr schwül ist.
3. Am Tag der Tour
Im Winter gibt es selten Überraschungen. Am ehesten ist die Nebelobergrenze höher als erwartet und die Gipfelziele könnten in Wolken stecken. Manchmal kommen Fronten ein wenig früher oder der Wind ist stärker. Aber komplett umdisponieren muss ich selten.
Im Sommer wird umso wichtiger, potentielle Gewitteranzeichen zu erkennen. Wenn ich bereits vor Ort bin, etwa bei Mehrtagestouren mit Standquartier oder Hüttenwanderungen, schau ich schon vor/beim Frühstück aus dem Fenster oder konsultiere Webcams aus der Tourenregion. Altocumulus-Wolkenarten sind häufige Gewittervorboten – zeigen zumindest an, ob die Atmosphäre labil oder stabil geschichtet ist. Das ist dann meist eine Bestätigung, dass im Modell angezeigte Gewitter auch eintreffen können, oder aber, dass das Modell die Gewittergefahr mitunter unterschätzt.
Während der Tour achte ich weiterhin auf Altocumuli und sich türmende Quellwolken. Gehen sie mehr in die Breite als in die Höhe, deutet das zunächst auf Stabilität hin. Durch meine Vorarbeit (Punkt 1 und 2), weiß ich, ob damit eine Kaltfront verknüpft ist – dann ist die Stabilität zu Beginn kein Ausschlussgrund, oder ein schwächerer Höhentrog, dann hält es tendenziell eher.
Bei labilen Tagen ist der Ablauf oft ähnlich: Anfangs entstehen viele kleine Aufwindbereiche (Thermikschläuche) und es bilden sich viele Quellwolken, mitunter ein kurzer Regenschauer. Dann lockert es sonnig auf und es bilden sich nurmehr wenige, aber mächtige Aufwindbereiche, und stärkere Schauer und sogar Gewitter – außer die Labilität reicht nicht mehr, dann bleibt es trocken.