Ich gehe seit über 15 Jahre regelmäßig in die Berge und bringe es mittlerweile auf über 60 Touren im Jahr. Mit der Zeit kommt auch die Erfahrungen, die ich mit meinen Lesern teilen möchte. Eines ist aber wichtig: Was für mich passt, muss für andere längst nicht passen!
Orientierung
Für die Planungsphase zuhause verwende ich die AMAP online, Bergfex und Alpenvereinsaktiv, bzw. die Open Street Map (Trace Topo) – die Open Topo Map wird ja leider abgedreht. GPS verwende ich während der Tour nur, wenn weglose oder unmarkierte Abschnitte dabei sind, sonst kann ich das daheim in Alpenvereinsaktiv nachzeichnen. Ich verwende generell die Apemap (App) am Smartphone, dort hab ich gegen einmalige Lizenzgebühr die Amap, Kompasskarten oder externe Open Source Karten.
Es gehört natürlich auch Erfahrung zum Karten lesen und zum Gelände einschätzen dazu. So bedeuten Höhenlinien mit großen Abständen nicht zwingend, dass das Gelände flach sein muss. Insbesondere im Karstgelände können darin auch Dolinen, Gräben und unüberwindbare Felsgebilde verborgen sein.
Wegmarkierungen sind übrigens in der Regel so angebracht, dass man sie auch von der Gegenrichtung gut sehen kann. Das hilft mögliche Richtungswechsel oder Abzweigungen zu erkennen.
Ich plane fast alle Touren selbstständig, das heißt, ich halte mich selten an Routenvorschläge in Büchern oder von Apps. Ich such mir die Tour so zusammen, wie es für mich am besten passt, wenn ich alleine gehe – wo das Hauptkriterium meist ist, dass ich öffentlich von A nach B komme.
Notfallsignal
RECCO: Ich habe es selbst noch nicht, aber von den Vorzügen der schnelleren Ortung, etwa via Hubschrauber, gehört. RECCO-Reflektoren sind passive Transponder, die man am Rucksack oder an der Kleidung trägt und die ein Radarsignal aussenden. Wenn man einen Notruf absetzt, sollte man dazu sagen, dass man RECCO hat, dann wissen die Rettungskräfte am Boden oder in der Luft, dass sie ein aktives RECCO-Suchgerät verwenden müssen.
Gehzeiten
Ich würde mich als schnellen Geher betrachten, deswegen sind die angegeben Gehzeiten in meinen Wanderberichten eher Richtzeiten. Das schnellere Gehen kompensiere ich aber großteils durch meine Liebe zur Fotografie, wodurch ich immer wieder mal stehen bleibe. Reine Gehzeiten tracke ich in der Regel nicht mit.
Als Richtwert für die Gehzeit gilt die Faustformel, dass man in einer Stunde durchschnittlich 300hm Aufstieg, 500hm Abstieg und 4km Strecke in der Ebene zurücklegt. Der kleinere Wert wird halbiert und zum größeren dazu gerechnet.
Beispiel: 10km und 1000hm Auftieg – 2,5h + 3h 15min = 1h 15min + 3h 15min = 4h 30min, Abstieg nicht miteingerechnet.
Auf Wegweisern stehen je nach Region manchmal Fantasiezeiten. So kann es im Karstgelände deutlich mehr Zeit verlangen, um Dolinen, Felsspaltengelände, Altschneefelder oder Blöcke zu überwinden, etwa im Toten Gebirge. Beim Wallfahrtsweg von Wien nach Mariazell kann ich mich auch an eher optimistische Gehzeiten erinnern. Ein schwerer Rucksack kann hier natürlich ebenso einen Unterschied machen wie schlechtes Wetter/Sicht oder Schneelage.
Hüttenübernachtung
Eine große Bitte: Verwendet in den Zimmer- und Matratzenlagern nur Stirnlampen mit Rotlicht! Weißes Licht oder überhaupt grelles Licht von den Smartphones blendet enorm in den Augen und hindert am Einschlafen/Durchschlafen (Hintergrund).
Weniger ist hier oft mehr: Die Ersatzhose wird zur Schlafhose, Der leichte Seidenschlafsack reicht mir meist, weil die Decken warm genug sind. Patschen bekommt man auf der Hütte, je nach Tourlänge nehm ich mir meine Crocs mit, um nach der Tour wechseln zu können.
Wanderstöcke ja oder nein?
Ich bin jahrelang mit zwei Wanderstöcken gegangen, bis ich festgestellt hab, dass ich gerade bergab dadurch langsamer bin als andere, weil ich wie ein Blinder nach dem nächsten sicheren Tritt/Halt suchen muss. Es fördert die Trittsicherheit erheblich, wenn man ohne Stecken geht und dabei mehr im Kontakt mit dem Gelände ist, also seinen Körperschwerpunkt entsprechend verlagert, mehr in die Knie geht und „mitschwingt“. Das geht natürlich nur mit gesunden Knien/Gelenken, die ich gottlob noch habe.
Seit 2024 hab ich mir Faltstöcke zugelegt. Im Juni 2025 bin ich erstmals eine mehrtägige Überschreitung übers Tote Gebirge mit beiden Faltstöcken gegangen, hab aber die meiste Zeit nur einen davon gebraucht. Ein Stecken statt zwei hat den Vorteil, sich leichter anhalten zu können, wenn Kletter/versicherte Passagen kommen, bzw. kann man ihn schnell im Rucksack wegpacken. Ich benutz ihn meistens bergauf und pack ihn bergab dann weg. Zwei haben den Vorteil, sollten Schneefelder kommen oder man einen schweren Rucksack haben. Die normalen Wanderstecken verwende ich nurmehr im Winter bei Schneeschuhtouren.
Ich verwende die Forclaz Faltstöcke von Decathlon (40 Euro pro Teil).
Kleidung
Ob Merinowolle oder Funktionstshirts – da scheiden sich die Geister. Ich trag beides, wobei schweißnasse Funktions-T-Shirts so am Körper kleben, dass ich sie dann nicht ausziehen kann. Sie trocknen dafür schneller als Merinowolle.
Sonst gilt das Zwiebelprinzip: In der Übergangsjahreszeit ist meine Standardkleidung
- dünnes Funktionsleiberl (kurz oder lang)
- Primaloft/Daunen-Weste (ärmellos)
- optional Regenjacke
Damit geh ich mittlerweile auch im Winter. Nur bei Sturm in Verbindung mit Schneefall hab ich noch eine Wintersoftshelljacke oder eine Merinofleecejacke statt der ärmellosen Weste.
Im Winter trag ich Winterwanderhosen, meist verstärkte leichte Hosen, idealerweise mit integrierten Gamaschen, ggf. eine Regenhose darüber.
Im Sommer dünne, helle Sommerwanderhosen – hell, um Zecken leichter zu erkennen, bevorzugt eine abzippbare Variante. Meine liebste Variante ist die Dreiviertelhose – damit sind die Knie geschützt, wenn’s mal etwas felsiger wird oder man viel Botanik (Dornen, Brennnessel) queren muss.
Schuhe
In den ersten Jahren am Berg hatte ich nur Leichtwanderschuhe mit mangelndem Grip oder Bergschuhe aus Leder, mit denen längeres Gehen auf Asphalt oder Forstwegen eine Qual war (siehe Mariazellwanderung). Seit 2019 muss ich Einlagen tragen (ausgeprägter Hohlfuß), das macht den Schuhkauf nochmal etwas schwieriger.
Mittlerweile verwende ich …
- Salewa MTN MidTrainer 2: Mittelhoher, leichter Bergwanderschuh, gutes Profil, zehenverstärkt – damit geh ich fast alles, auch mehrtägige Touren im hochalpinen Gelände.
- La Sportiva: Robuster Schuh, etwas größer und fester als Salewa, verwende ich nur noch im Winter mit Schneeschuhen
- Knöchelhohe Leichtwanderschuhe (Salewa): Auch gutes Profil, ebenfalls bei weichem Untergrund oder Forstwege im Einsatz, überleben auch eine Gatschlacke und weglose Steilhänge
- neu: Trailrunningschuhe von Hoka (Speedgoat 6) – Hoka-Schuhe schauen schiach und klobig aus, aber sie haben eine sehr bequeme Zwischensohle, wodurch sie optimal gedämpft sind. In anderen Trailrunningschuhen spüre ich den Untergrund zu stark.
Generell verwende ich zunehmend Halbschuhe statt Bergschuhe. Die Trittsicherheit hat nichts damit zu tun, wie hoch und fest ein Schuh ist, sondern es ist umgekehrt: Wer konzentriert steigt und regelmäßig in unterschiedlichem Gelände unterwegs ist, der kann auch mit flachen Schuhen auf den Berg gehen.
Im Winter verwende ich Schneeschuhe (Tubbs) sowie Spikes – das sind mit Gummiband aufziehbare Grödeln (ohne Antistollenplatte), die man auf feste Schuhe anbringen kann und sicheren Halt auf Eis und hartgepresstem Schnee bieten. Sie ersetzen keine Steigeisen, aber reichen mir meist völlig aus. Ideal auf glatten Forstwegen.
Rucksäcke
Hier zählt für mich: Je leichter, desto besser – und Rucksäcke immer der jeweiligen Tour anpassen. Mittlerweile hab ich fünf Rucksäcke.
- Deuter 8L: Klassischer Radrucksack, verwende ich bei kurzen Touren, gerade im Wald, aber auch bei Trailrunningtouren (wobei das, was ich mache, kein Laufen ist, eher schnelles Gehen). Da passen Getränke rein, die Regenjacke, ein paar Riegel/Datteln oder Kohlenhydratgels, ggf. was zum Wechseln.
- Salewa 14L: Ebenfalls auch als Rad/Trailrunning-Rucksack verwendbar – hat praktische Seitentaschen für Trinkflaschen, aber auch Sonnencreme/Insektenspray. Meine Kompaktkamera passt auch hinein und ein Faltstock. Ich verwende ihn meist bei kürzeren Tagestouren und im Hochsommer, wenn absolut stabiles Wetter herrscht, und Hütten am Weg eingeplant sind – hat dann sozusagen die minimale Ausrüstung.
- Exped 20L: Tagesrucksack für ausgedehntere Ganztagestouren – Kamera, Regenjacke, Wechselgewand, Getränke und Verpflegung passen ohne abwägen zu müssen, was man daheim lässt, hinein. Integrierte Regenhülle und ein praktisches Außenfach, wo Riegel und Datteln hineinpassen. Sehr leicht.
- Exped 30L: Tagesrucksack für den Winter, wenn zusätzliche Kleidungsschichten notwendig sind, bzw. Mehrtagestouren im Sommer, bzw. alpinere Tagestouren. Ähnlich wie Exped 20L, aber größeres Volumen und zusätzliche Innenfächer.
- Salewa 40+5L: Mein Mehrtagesrucksack für mehrtägige hochalpine Wanderungen. Er wartet noch auf seinen Einsatz. Mein letzter Rucksack war von Deuter, hatte ich bei 6 Tage Ötztaler Alpen und 6 Tage Hohe Tatra dabei. Da müssen dann auch Helm und Steigeisen reinpassen und erweitertes Wechselgewand/Zwiebelschichten.
Mit oder ohne Netz? Ich hab vor ein paar Jahren begonnen, alle Rucksäcke auf ohne Netz umzustellen. Netz hat den Vorteil, dass kein direkter Kontakt vom Rücken mit dem Rucksack besteht, damit schwitzt man nicht so stark. Nachteil: Der Rucksack wird dadurch ausgebeult und hat weniger Stauraum, und er verlagert den Körperschwerpunkt vom Rücken weg. Das führt gerade auf steilen Passagen dazu, dass man mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hat, der Rucksack unangenehm nach hinten zieht.
Die beiden Exped-Rucksäcke haben beide ein Rückennetz, das aber gerade am Rucksack anliegt – damit haben sie die Vorteile der Netz-Belüftung, aber nicht deren Nachteile und der Rucksack bleibt innen geräumig. Sie waren natürlich auch recht teuer, aber für den Komfort und die Funktionalität ist es mir das Geld Wert – idealerweise eine Investition für Jahrzehnte.
Einen kleinen Nachteil hat der Exped aber im Winter mit Schneeschuhen: Fixierschnallen fehlen bei diesem Rucksack, dafür werd ich wohl meinen alten Deuter 30L behalten müssen, wobei dieser nur eine Fixierschnalle hat und die Schneeschuhe öfter mal rausgerutscht sind. Denn in den immer schneeärmeren Wintern muss man sie immer öfter zu Beginn am Rucksack tragen.
Ernährung während der Touren
Sehr individuelle Sache. Ich hab seit drei Jahren keine Gallenblase mehr. Mit fettiger und blähender Ernährung muss ich aufpassen. Die Zeiten sind vorbei, wo ich Bergsteigerwurst und Schweinsbraten auf der Hütte essen konnte.
Immer im Rucksack:
- Kohlenhydratgels: Schnelle Energiezufuhr ohne Wasser, gehen auch bei wenig Appetit – erstmals im August 2010 verwendet, als ein Norovirus auf der Hütte umging. Duracellnahrung
- Früchtequetschies: Püriertes Obst – gut verträglich für den Magen und schnelle Fruchtzuckerzufuhr
- Trockenfleisch: Leider recht teuer, aber für den Notfall immer eingesteckt, wenn die Vorräte zu früh ausgehen. Hoher Proteingehalt, sättigt länger (oft aber stark gewürzt und macht durstig)
Eine Zeit lang hab ich mit Gummibärchen experimentiert, was mir Profisportler empfohlen haben – schnelle Energiezufuhr, verträglicher als Müsliriegel. Medjoul-Datteln verwende ich gern im Sommer, sie sind energiereich und kosten weniger Platz im Rucksack als Bananen. Zudem halten sie viel länger. Im Winter greife ich eher zum Apfel oder zu Mandarinen.
Die Jause für unterwegs ist meist ein Schwarz- oder Vollkornbrot mit Käse – mittlerweile immer öfter auch vegane Wurst aus Hülsenfrucht- oder Sonnenblumenkernprotein. Ich esse unterwegs aber meist nicht viel, erst am Abend.
Getränke: In der warmen Jahreszeit meist Wasser mit Sirup oder Elektrolyttabletten, manchmal auch Apfelsaft mit stillem Wasser. In der kalten Jahreszeit durchwegs Kräutertees, meist ungesüßt. Bei nicht sehr kalten oder kürzeren Touren mische ich oft: 0,6L Thermosflasche mit Tee und ein halber Liter Wasser, dazu 2-3 Mandarinen.
Hütteneinkehr:
Für mich hat es sich bewährt, unterwegs eher fettarm und leicht zu essen. Suppen statt Hauptgerichte, vegetarisch/vegan statt deftiger Schweinsbraten, möglichst viel Gemüse dazu. Statt Bier lieber Skiwasser/Holler/Himbeerwasser. Alkohol versuche ich zu begrenzen.
Die mit Abstand besten veganen Bärlauchknödel auf Salat bekam ich im Februar 2025 am Gaisberg-Gipfel bei Salzburg. Ich lehne Fleischküche aber nicht generell ab.